Herausforderungen für Entwickler

11. Januar 2023

Herausforderungen für Entwickler

„Ich bin der Überzeugung, dass in Hinblick auf die Steigerung der Innovationsfähigkeit ein enormes ungenutztes Potential darin liegt, Entwicklern eine ansprechende Arbeitsumgebung und alle benötigten Informationen bereitzustellen. Das wird der Trend der Zukunft sein.“

Es gibt 5 wichtige Schritte für Arbeitnehmererfinder in Bezug auf ihre Erfindungen.

Der Prozess kann bei jedem dieser Schritte durch bestimmte Bedingungen oder Herausforderungen aufhören.

1. Idee
Alles beginnt mit einer Idee. Viele Ideen verschwinden jedoch in der Schublade. Zum Beispiel, weil Erfinder keine Zeit haben, eine Erfindungsmeldung zu schreiben.

2. Erfindungsmeldung
Nach einer Erfindungsmeldung muss das Unternehmen entscheiden, ob es die Idee zum Patent anmeldet.

3. Patentanmeldung
Wenn die Idee die Hürde der Anmeldungsentscheidung genommen hat, erhält der Erfinder vom Patentanwalt den Entwurf für die Patentanmeldung. Der Erfinder muss mit dem Entwurf einverstanden sein und ihn freigeben. Viele Erfinder sind der Meinung, dass die Patentsprache Kauderwelsch ist.

4. Technische Expertise
Es kann vorkommen, dass Erfinder gebeten werden, ihr technisches Fachwissen zu Recherchenberichten, Prüfungsbescheiden und/oder möglichen Rechtsverletzungen abzugeben. Oft ist diese Aufgabe für sie nicht einfach.

5. Erfindervergütung
Sobald das Unternehmen mit der Erfindung Geld verdient, erhält der Erfinder eine Erfindervergütung, die sich an den Verkaufserlösen orientiert (zumindest in Deutschland). Diese Vergütung kann für Erfinder eher frustrierend als motivierend sein. Vor allem, wenn sie sehr intransparent ist und sie nicht verstehen, wie sie berechnet wird.

An vielen Stellen in diesem Prozess stehen Erfinder vor Herausforderungen.

 

1. Idee

Ideen zu generieren ist ein höchst kreativer Vorgang und Entwickler sind demnach Menschen, die in einem kreativen Bereich arbeiten. Vielleicht hast du schon mal gehört, dass die besten Ideen dann kommen, wenn jemand im Urlaub ist oder „unter der Dusche steht“. Das spiegelt wider, was Kreativität auch wissenschaftlich zugrunde liegt: Kreativität braucht Entspannung. Wie jedem anderen Künstler auch muss man daher den Entwicklern ein entsprechendes Umfeld erschaffen, damit sie zu ihrer kreativen Höchstleistung auflaufen können. Wichtig dabei ist auch, ihnen Raum und Zeit zu geben, Dinge auszuprobieren.

Leider sieht es in vielen Unternehmen ganz anders aus: Zu wenig Mitarbeiter, den ganzen Tag Besprechungen, Zeitdruck an jeder Ecke. Und damit nicht genug. Je nach Innovationskultur werden in manchen Unternehmen Ideen, die vom bisherigen, eingeschränkten Denken abweichen, direkt verworfen. Raum für disruptive Erfindungen gibt es nicht. Dabei ist mittlerweile bekannt, dass für ein gesundes Unternehmen ein bestimmter Prozentsatz der Innovation eines Unternehmens disruptiven Ideen gewidmet werden sollte.

 

2. Erfindungsmeldung

Viele angestellte Erfinder melden ihre Erfindungen nicht an. Stattdessen verschwinden die Ideen in der Schublade. Warum eigentlich? Warum hört der Prozess (s.o.) manchmal nach der Idee auf? Nach meiner Erfahrung stehen Erfinder an diesem Punkt vor unterschiedlichen Herausforderungen.

a. Sie (denken, sie) haben nicht genug Zeit
Oft haben viele andere Dinge Vorrang, weil sie dringender sind. Das ist ein Problem der Verhältnisse im Unternehmen. Insbesondere: Nicht genügend Kollegen, um die Arbeit zu erledigen und/oder eine nicht ermutigende Innovationskultur.
Oft fehlt aber auch einfach nur das Wissen, wie eine Erfindungsmeldung (effizient) zu schreiben ist, weil durch das Unternehmen nicht die richtige Unterstützung geboten wird. Eine Erfindungsmeldung zu schreiben scheint vielleicht wie ein riesig großer Berg, obwohl es in Wahrheit ganz einfach geht. Insbesondere, wenn durch bestimmte vorgegeben Fragen Hilfestellung geboten wird.
Dies ist etwas, das das Unternehmen selbst beheben kann.

b. Sie denken, ihre Idee wäre nicht patentwürdig
Dieser Gedanke resultiert aus einer Wissenslücke. Viele Erfinder denken immer noch, dass sie etwas Spektakuläres erfinden müssen, um ein Patent zu bekommen. Die meisten Erfindungen sind heute jedoch nur ein kleiner (inkrementeller) Schritt. Oft sind Erfinder überrascht, wie „klein“ die Idee sein kann.

c. Sie wissen nicht, wie sie eine Erfindungsmeldung schreiben/ausfüllen und einreichen 
Eine weitere Wissenslücke. Entweder wissen sie nicht, was sie schreiben sollen und was von ihnen erwartet wird. Oder sie wissen nicht, wie der unternehmensinterne Prozess funktioniert (z. B. bei wem sie die Erfindungsmeldung einreichen müssen). Dies kann durch die Bereitstellung eines Formulars für die Erfindungsmeldung mit Leitfragen und Anweisungen sowie durch Schulung der Mitarbeiter behoben werden.

d. Sie denken, dass das Ganze eh nichts bringt
Dies ist ein weiteres Problem der Innovationskultur. Es kann behoben werden, indem kommuniziert wird, wie wichtig Patente und Innovationen für das Unternehmen sind. Weitere gute Wege: Den Erfinder an realen Beispielen zeigen, wie sich ihre Patente auf den Erfolg auswirken und ihnen für ihre Leistung Anerkennung zollen. 

e. Sie wissen nicht, dass sie eine Erfindungsmeldung einreichen sollten 
Ja, es gibt sie. Die Entwickler – oder sogar ganze Abteilungen – die nichts von Erfindungsmeldungen wissen. Dass sie die Pflicht haben, eine Erfindungsmeldung einzureichen, wenn sie eine Erfindung gemacht haben. Wenn das der Fall ist, sind die für Patente zuständigen Personen (z. B. der Innovationsmanager oder die Patentabteilung) nicht sichtbar genug. Sie sollten präsent sein und vermitteln, wie die entsprechenden Prozesse funktionieren.

𝗧𝗮𝗸𝗲𝗮𝘄𝗮𝘆𝘀:
▶️ Wenn Erfinder das Gefühl haben, dass sie gehört werden und dass sie Unterstützung erhalten, entsteht eine positive Einstellung bezüglich des Schutzes ihrer Ideen.
▶️ Wenn Innovationen vom Unternehmen als Priorität behandelt werden, werden die Erfinder sie auch so behandeln.

Wenn man die Qualität und/oder Quantität der Erfindungsmeldungen erhöhen möchte, muss man ein entsprechendes Umfeld für die Entwickler schaffen!

 

3. Die Patentanmeldung

Nahezu jeder Erfinder steht bei der Ausarbeitung von Patentanmeldungen vor Herausforderungen. Das ist die nächste Hürde.

Wenn entschieden wurde, dass eine Patentanmeldung auf der Grundlage der Erfindungsmeldung eingereicht werden soll, schickt der Patentanwalt seinen Entwurf an den Erfinder. Die Aufgabe des Erfinders ist dann, den Entwurf durchzulesen und am Ende (ggf. nach Rücksprachen und Überarbeitungen des Anwalts) zu einer Zustimmung zu gelangen.

Übliche Herausforderungen der Erfinder sind:

a. „Das sieht überhaupt nicht wie meine Erfindung aus!“

Erfinder können ihre eigene Erfindung aufgrund der Struktur des Dokuments und sehr seltsamer Wörter und Sätze nicht erkennen. Dies kann für sie sehr frustrierend sein.

b. „Warum ist das so seltsam geschrieben?“

Dies hängt eng mit dem ersten Punkt zusammen. Alles, was dort geschrieben steht, hat seine Berechtigung, aber wenn es ihnen niemand erklärt, fühlen sie sich von all der seltsamen Sprache (Kauderwelsch), die verwendet wird, einfach überfordert.

c. „Ich habe keine Zeit, das durchzuarbeiten.“

Sobald sie sich überfordert fühlen, gehen sie davon aus, dass sie viel Zeit brauchen werden, um den Entwurf durchzugehen und dem Anwalt Feedback zu geben. Die meisten von ihnen haben ohnehin schon wenig Zeit.

d. „Ich weiß nicht, welche Teile des Textes ich korrigieren darf.“

Viele Erfinder haben etliche Zeit mit Korrekturen und Rückmeldungen verbracht, nur um dann vom Patentanwalt zu hören, dass sie Teile geändert haben, die aus Gründen der Rechtssicherheit so bleiben sollten, wie sie waren. Das ist sehr frustrierend.

e. „Was passiert, wenn ich diese Aufgabe nicht gut erledige?“

Erfinder können nicht einschätzen, wie wichtig eine gute Aufgabenerfüllung ist. Das hinterlässt bei ihnen manchmal ein Gefühl der Angst, dass es negative Folgen für das Unternehmen haben könnte, wenn sie die Durchsicht des Anmeldeentwurfs nicht „gut“ machen. Es kann aber auch das Gegenteil sein, nämlich dann, wenn Ihnen nicht klar ist, wie bedeutsam ein guter Anmeldetext für eine Patenterteilung ist.

 

▶️ Die Konsequenz aus diesen Herausforderungen: Viele Erfinder lesen den Entwurf der Patentanmeldung gar nicht, sondern geben einfach nur ihre Zustimmung.
▶️ Schlussfolgerungen: 
Erfinder fühlen sich von Patentanmeldeentwürfen überfordert. Es ist wichtig, dass sie wissen 
– warum sie auf so eine seltsame Weise geschrieben ist und 
– was sie mit dem Entwurf machen sollen.

 

4. Technische Expertise

Gerade in großen Unternehmen kann es durchaus vorkommen, dass Erfinder teilweise sehr eng in den Erteilungsprozess beim Patentamt eingebunden werden, weil ihre technische Expertise benötigt wird. Die Erfinder sollen dann dabei mithelfen, Argumente zu finden, warum ihre Erfindung anders ist als die der Wettbewerber. Das ist auch sogar rechtlich so vorgesehen – nach dem Arbeitnehmererfinderrecht sind angestellte Entwickler zur Mithilfe verpflichtet.

Allerdings ergeben sich auch hier Herausforderungen, die teilweise für die Erfinder nicht allein überwindbar sind und dazu führen, dass sie ihrer Aufgabe nicht ausreichend nachkommen können. Das Problem liegt auch hier wieder an Wissenslücken und fehlender Übermittlung von Informationen warum was wie gemacht wird bzw. werden soll.

In einigen Unternehmen ist es beispielsweise üblich, dass Recherchenberichte und Prüfungsbescheide fast mehr oder weniger kommentarlos an den Entwickler geschickt werden mit dem Hinweis „Mach mal“. Dabei fehlen diesem wichtige Informationen:

– Was habe ich hier überhaupt vor mir?
– Warum stellt das Amt überhaupt so einen Bescheid aus?
– Wie muss ich den Bescheid interpretieren?
– Wie erhalte ich Zugang zu den darin zitierten Schriften?
– Was will der Anwalt / die Patentabteilung von mir? Was muss ich tun?

Aus meiner Erfahrung gibt es dabei einige Erfinder, die nicht nachfragen mögen. Weil sie z.B. nicht dumm dastehen wollen. Dabei ist es klar ein Versäumnis des Unternehmens, dass der Entwickler diese Informationen nicht hat.

5. Erfindervergütung

Kleine und mittelständische Unternehmen, die seit Jahrzehnten Patente haben, aber noch nie was von Erfindervergütung gehört haben geschweige denn sie gezahlt haben: Leider keine Seltenheit. Ja, das Thema ist absolut komplex und anstrengend. Leider schützt das und die Unwissenheit vor Strafe nicht.

Abgesehen davon haben angestellte Ingenieure immer wieder „Probleme“ mit der Erfindervergütung. Denn auch wenn sie gezahlt wird, ist das Verfahren absolut undurchsichtig. Für eine Erfindung bekommen sie nur ein paar Cent und für manche andere mehrere hundert Euro. Und dann haben sie noch gehört, dass der Kollege mehrere tausend Euro bekam. Für sie ist das oft ein Buch mit sieben Siegeln und das ist auch absolut verständlich.

Das Resultat: Erfindervergütung wirkt alles andere als motivierend. Manchmal ist die Negativwirkung sogar so krass, dass sie nichts mehr mit Patenten zu tun haben wollen und komplett aufhören, Erfindungsmeldungen einzureichen. Dabei hatte der Gesetzgeber die Erfindervergütung eigentlich als Motivationshilfe gedacht. Eine ziemlich blöde Situation.

 

Fazit

Du siehst: An jedem der Punkte im Prozessablauf für Entwickler gibt es Herausforderungen. Und die Herausforderungen resultieren alle aus einem Informationsdefizit und einer nicht optimalen Arbeitsumgebung für die Erfinder.

Es sind also zwei Dinge wichtig:
1. Erschaffe eine Arbeitsumgebung für die Entwickler, in denen sie ihr volles Potential entfalten können. Dazu gehört die Arbeitsumgebung im engeren Sinn (wie die Anzahl an Mitarbeitern, die Möglichkeiten zum Experimentieren, Zeit für Entspannung, die Ausstattung des Büros), aber auch die Innovationskultur im Unternehmen (Atmosphäre, Innovation als Priorität und wie es gelebt wird, Anerkennung für die Entwickler, Anlaufstelle für Unterstützung etc.).

2. Erschaffe einen Informationsfluss. Heißt: Schule / Trainiere / Informiere die Entwickler, damit sie
– wissen, wie die Prozesse ablaufen und was sie tun müssen
– motiviert sind, sich mit Patentthemen auseinanderzusetzen. 

In unserer heutigen Welt und in den Ländern, die vor allem auf Know-How setzen (und nicht mehr auf reine Produktion) können nur Unternehmen überleben, die sich von ihren Wettbewerbern über Innovation abgrenzen. Vielleicht arbeitest du auch in einem solchen innovationsfokussierten Unternehmen. Aus meiner Sicht ist das „Kümmern“ um die Entwickler eines der größten ungenutzten Potentiale, wenn es um Innovationssteigerung geht. Es ist daher nicht mehr die Frage ob man diese Maßnahmen umsetzt, sondern nur noch wie. Ich bin der Überzeugung, dass dies der Trend der Zukunft sein wird. In einigen Jahren wird es „normal“ sein, dass die Entwickler eine entsprechende Arbeitsumgebung haben und alle Informationen zur Verfügung haben, die sie benötigen.

Vielleicht ist bei dir im Unternehmen „das alles gar nicht so schlimm“. Dann seid ihr auf jeden Fall schon gut dabei. Ich bin mir trotzdem sicher, dass es bestimmt noch das eine oder andere zu verbessern gibt. 😉

Wenn du mit mir über dieses Thema sprechen möchtest, melde dich gerne bei mir.
Ich stehe für ein (kostenloses) Kennenlern- / Erstgespräch gerne zur Verfügung.

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